Etappe 7

Etappe 7 (Teil 2): Le Mans Start, E39 Fanclub, TÜV Turk und Fahrerlager Beypazari

Etappe 7 (Teil 2): Le Mans Start, E39 Fanclub, TÜV Turk und Fahrerlager Beypazari

Von der Burg bis ins Motodrom von Ankara sind es nur wenige Minuten Fahrzeit. Als wir dort ankommen, haben sich bereits viele Teams, ein Auto neben dem anderen, aufgereiht. Da noch viele andere Teams nach und nach eintrudeln, stehen wir ungefähr in der Mitte. Die Autos stehen am Südende einer langen Geraden aufgereiht. Da es ein Motodrom ist, ist das natürlich die Start-/Zielgerade. Das Motodrom liegt auf dem Atatürk Kültür Merkezi (AKM), sprich: dem Atatürk Kulturzentrum von Ankara. Bisher war mir gar nicht bekannt, dass Atatürk den Türken das Autofahren gebracht hat 😉

Auf der Zielgeraden

Diese breite, lange Gerade erinnert mich mit ihren vielen Linien und im hinteren Teil auch Kästchen, unweigerlich an die Große Straße in Nürnberg, zwischen Dutzendteich und Silbersee. Eine Aufmarschstraße aus NS-Zeiten und es würde mich nicht wundern, wenn es hier im Motodrom einst einen ähnlichen Zweck gab.

Nach einiger Zeit des gemütlichen Ratschens und Brotzeitmachens, kommt das OK im offenen Cabrio an den aufgereihten Autos vorbeigefahren und gibt das Kommando, sich am anderen Ende der langen Geraden aufzustellen. Gesagt, getan – es bricht allgemeine Hektik aus, alle Teams fahren ans andere Ende der Geraden und stellen sich dort wieder auf.DSC01617 Panorama

Nach einer kurzen Zeit des gemütlichen Ratschens und…. nein, ich wiederhole mich nicht. Das OK gibt erneut das Kommando: alles kehrt, marsch!! Das ist der Beweis – es handelt sich hier um eine Aufmarschstraße. Und ganz getreu dem militärischen Usus, führen wir den Befehl aus, ohne nachzufragen.

Es geht weiter mit einer kleinen Ansprache von Wilfried (dem OK-Chef) an einem Springbrunnen gegenüber der Autos. So, wie er uns fast schon bekniet, doch bitte nicht alle unsere Autos zu Schrott und die Motorradfahrer nicht über den Haufen zu fahren, könnte man sich wundern, warum dieser Le-Mans-Start überhaupt ein Programmpunkt ist.

Das Rennen

Zur vereinbarten Zeit stellen sich also alle Fahrer und Beifahrer an einer Linie in 20 Meter Entfernung gegenüber ihren Autos auf. Irgendwann beginnt der Countdown und wir zählen  von 10 runter. Bei Null sprinten alle Autobesatzungen zu ihren Autos, springen hinein, starten den Motor, schnallen sich an und düsen los.

Mit einer gewissen Erleichterung nehme ich wahr, dass wir den Start gut überstanden haben und unser Auto noch nicht in einen Schrotthaufen verwandelt wurde. Auch um uns herum scheinen die Autos alle noch zu fahren. Am Ende der langen Geraden, an der ersten Kurve wird es eng. Hier und da erwischt ein Wagen einen anderen und es gibt ein paar erste Beulen. Wir bleiben aber frei von Berührung und schlängeln uns im mehr oder weniger stehenden Verkehr durch die ersten Kurven.

Auch U-Bahnfahrer oder Busfahrer, auf die wir vorhin hingewiesen wurden, waren offenbar noch nicht überfahren. Offenbar war an dieser Stelle der Strecke eine Haltestelle für einen Schienenersatzverkehr der U-Bahn eingerichtet worden, die zum Zeitpunkt der Streckenplanung nicht bekannt, nicht berücksichtigt oder schlichtweg egal gewesen war. Scheinbar gab es hier nun einen Fußweg der Busfahrer oder etwas ähnliches. Aber es hat ja niemand mit dem Leben bezahlen müssen, also mache ich mir keine weiteren Gedanken darüber.

Plötzlich ging es wieder schnell voran. Eine kurze Gerade, zwei Rechts, eine Links, eine Schikane, scharf rechts und scharf links… so in etwa verlief die Strecke. Schon furhen wir in umgekehrter Richtung über die lange Gerade. Plötzlich ging es um ein Zelt herum, die Straße wurde eher inoffiziell, manch einer furh über die Wiese direkt am Zelteingang vorbei… dann links ums Zelt, einmal rechts und stop. Hinter dem Zelt ist ziemlich plötzlich das Ziel erreicht und alle stellen sich wieder nebeneinander auf. Das funktioniert sogar erstaunlich flott, spontan und kollisionsfrei. Erleichtertes Hupen und aufgeregtes Plappern legt sich über den Platz. Alle sind aufgedreht und erleichtert, dass niemandem etwas passiert ist.

BMW Fanclub

Die Schäden am 7er werden begutachtet und sind im Grunde nicht der Rede Wert – minimale Schrammen. Die anderen Autos sind in Ordnung, mit Ausnahme des Scheibenwischers unseres 8703. Da keine Reifen durch die Luft flogen, handelt es sich eher nicht um einen Rennschaden. Der linke Wischer wischt nicht mehr, was angesichts des ständig zu Regen neigenden Wetters nicht erstrebenswert scheint. Tom hat ein passendes Mittelchen für die Windschutzscheibe parat, das für perfekt abperlendes Wasser sorgen soll. Trotzdem steht unser Plan, in den Außenbereichen von Ankara ein Schrauberviertel aufzusuchen.

Auf dem Weg aus der Stadt sehe ich einen Ford-Händler. Sicher nicht ideal für unser BMW-affines Team. Aber wo ein Autohändler, da sind sicher auch hilfsbereite Einheimische. Gestochen von der Ford Niederlassung, ich spreche den ersten mir über den Weg laufen Herren an und er weiß sofort Rat. Ohne groß zu überlegen, viertens einem Auto voraus und bringen uns ein Stück weiter zu einer Werkstatt. Es funktioniert also genau wie im Lehrbuch: jemand fragen und es wird geholfen oder der Weg zur Hilfe gezeigt.

Bei der Werkstatt ist das Problem schnell begriffen. Nach einer kurzen mechanischen Beurteilung sitzt schon ein Mitarbeiter auf dem Fahrersitz und will mit dem Auto los. Schnell springt Torsten noch hinein und wir sehen ihn 45 Minuten später wieder. Ein Elektriker hat das Problem wohl gelöst.

Warten kann so schön sein

Zwischenzeitlich lassen wir es uns bei der Werkstatt gutgehen. Es gibt Chai (eh klar), man erkundigt sich nach unserem Tun (die einlaminierte Rallye-Karte erweist sich wieder als perfekte Verständigungshilfe) und plötzlich fällt uns ein Facebook-Wegweiser an der Werkstatttür ins Auge: E39Clubtr.com! Wir sind mit unseren BMW E39 in der Zentrale des türkischen E39 Fanclub gelandet. Was könnte uns besseres passieren?

Wir quatschen dann noch etwas weiter, Erfahren, dass einer der Mechaniker aus Tiflis stammt oder zumindest häufiger dorthin fährt. Erzähl mir natürlich gleich, das wäre dort  Rosen einpflanzen wollen.  er versteht das leider nicht, aber ich will es ihm umbringt mitteilen, da das natürlich schon zusätzliches Sympathiepunkte bringen kann. Doch es hilft alles nichts. Ein Kollege kommt hinzu ich sollte auch die Rosen im Kofferraum aber auch das hilft nichts für das Verständnis. Altern auch noch der Chef dazu kommt, ist die Sache klar: die Rallyefahrer haben Rosen im Auto und brauchen Wasser. Also wird schnell jemand nach einer Gießkanne geschickt, die Rosen auf den Asphalt gestellt und kurz danach sind unsere Rosen frisch gegossen.

TÜV Turk

Wir sind fertig bei der Werkstatt und fahren nach Beypazari. 4-spurige Schnellstraße mit Löchern in einer tollen, weiten Landschaft.

Kurz vor Beypazari sehen wir eine TÜV Turk Station, es stehen auch schon ein oder zwei andere Teams dort und auch wir halten an. Wir geben die ersten zwei von sechs Postkarten ab, die wir laut Roadbook an Schüler schreiben sollen und ihnen dabei etwas über die Rallye und Verkehrssicherheit erzählen sollen. Ich hatte sie am Tag zuvor im Auto geschrieben. Es wird unser letzter Stop bei TÜV Turk sein, denn außer mir fühlt sich niemand dafür zuständig, eine Postkarte zu schreiben. Meine weiteren, fast täglichen Nachfragen über Funk, jeweils bei einem herrannahenden TÜV Turk Schild werden negativ beantwortet. Komisch. Es scheint völlig egal zu sein und meine Nachfragen verkommen über die Wochen wohl zum Running Gag, wobei sie eher Ausdruck echter Verwunderung sind.
TÜV Turk hat übrigens seit 2009 ein staatlich garantiertes Monopol auf die Hauptuntersuchung in der Türkei. Die interessanten Hintergründe dazu finden sich natürlich auf Wikipedia.

Vom TÜV geht es weiter ins Nachtlager von Beypazari. Es ist der Sportplatz des Ortes, wir schlagen unsere Zelte oberhalb des Stadionteils aus und haben von dort eine ganz nette Übersicht über den Platz. Wir kochen, trinken Efes und es ist ein schöner und lustiger Abend.

Fahrerlager Beypazari

Schon direkt nach unserer Ankunft, spricht uns ein Türke an, da er unsere münchner Kennzeichen gesehsen hat. “Kommts Ihr jetz alle aus München?” fragt er uns mit unverkennbarer heimischen Einschlag. Und schnell stellt sich heraus, dass er selbst schon lang in München Pasing wohnt. Es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten. Er kennt den örtlichen Bürgermeister, woraufhin ich diesem kurz danach schon die Hand schütteln darf, als er zusammen mit einigen anderen Anzugträgern und unserem OK einen Rundgang durch das Fahrerlager macht. Leider Versagen in diesem Augenblick sämtliche unserer Kameras den Dienst und ich werde weiterhin nicht berühmt.

Später am Abend kommt der Türke noch einmal bei uns vorbei. Eigentlich wohnt er ein ganzes Stück außerhalb von Beypazari, aber weil es ihm bei uns so gefallen hat, kommt er zusammen mit seinem Kumpel noch mal bei uns vorbei. Wir quatschen an diesem Abend also einige Stunden zusammen. Von ihm lassen wir uns auch erklären, wo wir am nächsten Tag, wenn wir wieder nach Ankara hineinfahren, den Palast von Herrn Erdogan sehen können.

Die sanitären Einrichtungen an diesem Sportplatz sind leider ruck zuck überfordert . umso mehr bin ich froh, als ich nachts merke, dass kaum jemand bisher auf die Idee kam, die Toilette im Trainerhäuschen aufzusuchen. Dieses ist direkt neben der eigentlichen Toiletten-Baracke und die Toilette dort sieht noch nahezu unbenutzt aus. Auch am nächsten Morgen ist hier die Welt noch ziemlich in Ordnung.

Etappe 7 (Teil 1): Von Haymana auf die Burg von Ankara

Etappe 7 (Teil 1): Von Haymana auf die Burg von Ankara

Über den Morgen im Fahrerlager in Haymana gibt es nicht viel zu berichten. Da die sanitären Anlagen schon früh am Abend an ihre Grenzen gestoßen sind, will man hier auch nicht lange verweilen. Am Abend wurden wir informiert, dass heute ein Start mit Konvoi auf dem Plan steht. Dazu sollten sich alle Teams auf einem Platz in der Umgebung der Schule einfinden.

Der Turkcell-Laden

Da wir bisher noch nicht erfolgreich und zuverlässig ins Internet kommen, will ich heute früh eine türkische SIM-Karte besorgen. Ein Stück die Straße runter ist ein Turkcell-Laden und als ich nach 9 Uhr zum zweiten Mal dort aufschlage, ist er auch geöffnet. Leider kann ich der Dame im Laden nicht klar machen was ich von ihr will. Sie versteht kein Englisch. Glücklicherweise kommt sie auf die Idee eine interne Hotline anzurufen. Der Herr am anderen Ende der Leitung dolmetscht und berät die Verkäuferin, was der ausländische Kunde wohl will. So genau wird hierzulande von unseren Telefonanbietern wohl niemand ausgefragt, damit er nicht zu viel bezahlt.

Zwischenzeitlich war Thomas schon ungeduldig am Laden, da der Konvoi sich bereits in Bewegung gesetzt hatte und fast keine Autos mehr am Platz waren. Nach ca. 50 Minuten ist dann mein Wunsch nach Internet erfüllt. Ich verlasse den Laden mit einer bereits aktivierten und aufgeladenen SIM-Karte. Für umgerechnet 40 Euro haben wir nun 8 Gigabyte Internetvolumen, das sollte für die Bilder-Uploads zu Facebook genügen.

Auf geht’s nach Ankara

Sämtliche Reden der Offiziellen bzw. Anzugträger habe ich somit verpasst und den großen Auflauf auf dem Platz leider auch. Ich erreiche unsere Fahrzeuge noch rechtzeitig und es stehen sogar noch ziemlich viele Autos dort. Wir fahren also im Konvoi aus der Stadt und übers hügelige, aber dieser hat sich schnell in die Länge gezogen. Trotzdem macht es Spaß, die anderen Teams auch in einiger Entfernung zu sehen. Bei Polatli, nordwestlich von Heymana, treffen wir auf eine Schnellstraße, die in Richtung Ankara führt.

Auf der Schnellstraße kommen wir gut voran, überholen auf dem Weg immer wieder andere Teams oder werden überholt und sind schon bald in den Außenbereichen von Ankara. Dort, wo der Verkehr schon immer wieder von Ampeln aufgehalten wird, säumen moderne Geschäftshäuser, Hochhäuser und riesengroße Moscheen die Straße. Es ist eine Freude, hier mit den anderen Teams zeitgleich entlang zu fahren.

Schon bald wird der Verkehr dichter und wir erreichen die Innenstadt von Ankara. Wir versuchen, den Wegweisern (Ankara Kalesi) zur Burg zu folgen. Das gelingt nicht immer 100-prozentig, dennoch finden wir den richtigen Weg und stehen schon bald im Rallyefahrerstau durch kleine Gassen auf dem Weg zum Burghügel. Das ganze Viertel stinkt in dem Moment nach heißen Kupplungen und manche Autobesatzung machte sich noch am Abend sorgen um diese.

Nervige Kinder auf einem Schulhof

Oben angekommen werden wir auf einen Schulhof gelotst. Dicht gedrängt stehen dort schon die Autos anderer Teams. Viele Schüler im Grundschulalter (oder zumindest nicht viel älter) sind auf dem Schulhof unterwegs. Schon bevor wir aussteigen können, stehen sie an den Autos und einer ist schon auf unseren Dachträger geklettert. Diesen zerre ich gleich wieder von dort herunter. Die Räder auf dem Dach wollen wir in einer ärmeren Gegend als in einem Touristenviertel der Hauptstadt verschenken.

Der Junge wird sich auch während der nächsten 20 Minuten als einer der nervigsten erweisen – aber wenigstens hat er uns mit seiner Kleidung das Heck unseres Autos geputzt. Viele Kinder sind extrem aufdringlich. Auch die anderen Teams sind schnell von ihnen genervt. Sie wollen alles haben, was in und an unseren Autos ist. Die Polizisten auf dem Schulhof raten uns gleich, die Autos hier nicht allein stehen zu lassen – das hätten wir auch ohne Hinweis bestimmt nicht gemacht. Wir teilen uns also auf und die erste Gruppe geht schon mal zur Burg, während ich mit Tom und Herwig bei den Autos bleibe.

Noch nie wurde ich von Kindern so dermaßen genervt, wie an dieser Schule. Sie geben einfach nicht auf. Eine Viertelstunde lang wiederhole ich das Wort “NEIN!”. Sie lassen einfach nicht nach. Doch irgendwann zieht ein anderes Team ihre Aufmerksamkeit auf sich. Anderen Teams ging es eben ganz genauso und die Kinder sind später noch das ein oder andere Mal Gesprächsthema. Erst viel viel später, als wir bereits wieder von unserer Burgbesichtigung zurück sind, schmeißen die Polizisten die Kinder vom Schulhof.

Die Burg von Ankara

Die Burg von Ankara ist eigentlich die Zitadelle von Ankara. Wir besichtigen einen Turm der Anlage. Von dort oben hat man eine tolle Aussicht über die Stadt. Die Ruine selbst haut einen Bayern allerdings nicht vom Hocker. 😉 Spannender ist es schon, Klaus vom Team Höffn Foan dabei zuzusehen, wie er mit dem Fahrrad über die Burgmauer fährt. Ich hätte mich das nicht getraut!

Von hier oben aus hat man einen tollen Blick über die Stadt. Hier und da sieht man die beliebten, riesengroßen Türkei Fahnen wehen. Die Stadt hat eine reisen Ausdehnung, was bei 5 Millionen Einwohnern ja auch kein Wunder ist. Im Norden sehen wir zum Beispiel eine Gondelbahn, die dort wohl als öffentliches Verkehrsmittel dient. Ich sehe eine Reihe von Parkanlagen, einzelne, große, historische Bauten, zwei Vergnügungsparks und nordwestlich der Burg, in nicht allzu großer Entfernung, kann man das Motodrom erkennen. Dort werden wir eine Stunde später schon den Le-Mans-Start haben.

Auf dem Weg von der Burg zurück zu den Autos, nehmen wir uns eine Minute Zeit, um die Verkaufsstände für Trockenobst und Hülsenfrüchte anzuschauen. Zeit für Sightseeing oder gemütliches Shopping gibt es auf der Rallye nicht, alle müssen immer weiter 🙂

Umständlich werden die dicht an dicht geparkten Autos zwischen Schulhaus und anderen Teams ausgeparkt und wir machen uns auf den Weg zum Motodrom. Wir sehen dabei einen lustigen, tiefergelegten Wagen. Das Nummernschild hat der Besitzer offenbar extra tief gehängt.

Video zum Bericht